Mit einem Verbund von fünf Satelliten möchte die internationale Life-Initiative unter Führung der ETH Zürich dereinst Lebensspuren auf Exoplaneten nachweisen. Ein Laborexperiment am Departement Physik soll nun zeigen, ob das geplante Messverfahren funktioniert.
14.04.2023 von Felix Würsten
Fünf Satelliten der Life-Mission sind so miteinander verbunden, dass sie zusammen ein grosses Weltraumteleskop bilden. (Grafik: ETH Zürich / Life Initiative)
Das Wichtigste in Kürze
- Die Life-Initiative unter Führung der ETH Zürich soll dereinst Lebensspuren auf Exoplaneten nachweisen.
- Ein Laborexperiment unter realistischen Bedingungen soll die technische Machbarkeit zeigen.
- Das Projekt kann nun dank einem Förderbeitrag von drei Millionen Euro realisiert werden.
«Es ist ein wichtiger Schritt auf einem sehr langen Weg», betont Adrian Glauser, Senior Scientist am Institut für Teilchen- und Astrophysik der ETH Zürich. Ende März hat er zusammen mit Sascha Quanz, ETH-Professor für Astrophysik und Leiter der Gruppe Exoplaneten und Habitabiliät, erfahren, dass der Schweizerische Bund das Projekt «Nice» im Rahmen des Prodex-Programms (PROgramme de Développement d’EXpériences scientifiques) der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit einem Finanzierungsbeitrag von knapp drei Millionen Euro unterstützen wird. Damit können die ETH-Forschenden wichtige technische Grundlagen erarbeiten, ohne die die ambitionierte Weltraummission «Life» nicht realisiert werden kann.
Die Jagd nach Lebensspuren
Mit der Life Initiative – die Abkürzung steht für «Large Interferometer for Exoplanets» – sollen dereinst erdähnliche Exoplaneten genauer untersucht werden, Planeten also, die eine ähnliche Grösse und Temperatur wie die Erde haben, aber andere Sterne umkreisen. Dabei stehen insbesondere Planetensysteme in einem Umkreis von bis zu 65 Lichtjahren von unserem Sonnensystem im Vordergrund. Der Plan ist, beim Lagrange-Punkt L2 – also dort, wo das James Webb-Weltraumteleskop stationiert ist – fünf kleinere Satelliten zu positionieren. Diese bilden gemeinsam ein grosses Teleskop, das als Interferometer die Wärmestrahlung der Exoplanten im Infrarotbereich auffangen wird. Aus dem Spektrum des Lichts lässt sich dann ableiten, wie die untersuchten Exoplaneten und ihre Atmosphäre zusammengesetzt sind. «Unser Ziel ist es, im Lichtspektrum chemische Verbindungen nachzuweisen, die auf Leben auf den Exoplaneten hinweisen. Die Atmosphäre der Erde enthält zum Beispiel nachweisbar Sauerstoff und Methan, die durch biologische Aktivität produziert werden», erklärt Quanz, der die Life Initiative leitet.
Sie treiben das Nice-Experiment voran: Mohanakrishna Ranganathan, Sacha P. Quanz, Adrian M. Glauser und Thomas Birbacher (v.l.n.r.). (Bild: ETH Zürich / Kilian J. Kessler)
Die europäische Weltraumagentur Esa räumt der Mission eine hohe Priorität ein. Life gilt als Kandidat für eine künftige grosse wissenschaftliche Esa-Mission. Die futuristischen Bilder, die bereits heute illustrieren, wie die fünf Satelliten im Weltraum operieren werden, dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Vorhaben ein technischer Parforceritt ist und dass viele Fragen offen sind. Eine zentrale Frage ist zum Beispiel, ob die Messungen überhaupt so durchgeführt werden können, wie sich das die Wissenschaftler:innen vorstellen.
Hochpräzise Messinstrumente
Das Hauptproblem der Exoplaneten-Forschung besteht darin, das schwache Licht, das die Exoplaneten zurückwerfen oder ausstrahlen, neben dem viel helleren Licht des Mutterstern zu identifizieren. «Die Instrumente müssen das Licht eines Glühwürmchens sehen können, das sich neben einem Leuchtturm in 4000 Kilometern Entfernung befindet», verdeutlicht Glauser die Anforderungen an die Messgeräte.
Da man beim Life-Teleskop den Mutterstern nicht mechanisch ausblenden kann, soll diese Störquelle mit der sogenannten Nulling-Interferometer-Technik ausgeschaltet werden. Das Licht des Muttersterns, das von den einzelnen Satelliten aufgefangen wird, wird durch Phasenverschiebung so überlagert, dass es sich gegenseitig auslöscht. Das Licht des Exoplaneten hingegen, das mit einem leicht abweichenden Winkel auf die Satelliten trifft, wird durch diese Überlagerung nicht ausgelöscht. Auf diese Weise sieht man die schwach leuchtenden Objekte neben dem hellen Stern und kann so allfällige Hinweise auf chemische Verbindungen überhaupt erst erkennen.
Weltraumtaugliche Technik
Dass die Nulling-Interferometer-Technik im infraroten Wellenbereich prinzipiell funktioniert, konnten Plantenforscher:innen in früheren Versuchen bereits demonstrieren. Die Frage ist nun, ob das Messprinzip auch für die schwachen erdähnlichen Planeten einsetzbar ist. «Damit die ohnehin schon schwachen Infrarotsignale nicht durch die Umgebungswärme gestört werden, müssen wir die Messungen unter den extrem kalten Bedingungen durchführen, wie sie beim Lagrange-Punkt L2 herrschen», erklärt Glauser.
Beim Nice-Experiment – das Akronym steht für «Nulling Interferometer Cryogenic Experiment» – befindet sich die Messapparatur in einer Kältekammer, die auf eine Temperatur von -260 °C abgekühlt wird. Auch da gibt es ein paar grundlegende Fragen zu klären: Wie lassen sich von aussen die Messgeräte in der Kammer auf Nanometer-Genauigkeiten justieren, damit das simulierte Sternlicht optimal ausgeblendet werden kann? Und welche Materialien eigenen sich dafür? «Wir werden bei diesem Projekt mit Industriepartnern zusammenarbeiten, die Erfahrungen mit Weltraumtechnologien haben», sagt Glauser. «Unser Ziel ist es, bei diesem Experiment eine Messmethode zu entwickeln, die dann später auch im Weltraum eingesetzt werden kann.» Damit rückt die Realisierung der Life Initiative Mission und die Suche nach Leben ausserhalb der Erde ein grosses Stück näher.