BEST-Verfahren produziert e-fuels und senkt CO2-Emissionen.
Sie sehen unter dem Mikroskop unscheinbar aus, die methanogenen Mikroorganismen aus der Domäne der Archaeen und doch können sie einen Weg aufzeigen, der die Energieversorgung und die Reduktion von CO2-Emissionen entscheidend voranbringt.
In einem durchsichtigen, runden Behälter, Reaktor genannt, wirbelt eine Flüssigkeit schäumend auf. Hier läuft folgender Prozess ab: CO2 aus industrieller oder biologischer Erzeugung wird mit Wasserstoff vermischt und dann von den Bakterien in Methan umgewandelt – mit einer Reinheit von 98 Prozent. Das Endprodukt ist also Synthetisches Erdgas (SNG), das direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Wird die Energie, die für die Gewinnung des Wasserstoffs gebraucht wird, mit erneuerbaren Energien erzeugt, so steht das Gas für eine CO2-neutrale Energieversorgung bereit.
Dieses von Professor Matthias Brunner am Institut für Technologietransfer der htw saar (FITT gGmbH) entwickelte BEST-Verfahren – BEST steht für BioEnergyStorage – löst damit gleich drei Kernprobleme unserer Zeit:
1. Erneuerbare Energie lässt sich nun speichern und transportieren und ist überall und jederzeit verfügbar.
2. CO2-Emissionen werden deutlich reduziert.
3. Es entstehen e-fuels – aus regenerativer elektrischer Energie gewonnene Kraftstoffe, die für emissionsfreie Mobilität sorgen.
Auf diese Art und Weise gelingt die Sektorenkopplung, also die Verbindung der Energiesektoren Strom, Gas, Mobilität, die hier CO2-neutral vonstattengehen. Das deutsche Erdgasnetz ist groß genug, um eine Erdgasmenge zu speichern, die dem Energiebedarf von drei Monaten entspricht. Die benötigte Energie kann jederzeit und überall nach Bedarf entnommen werden.
Da das CO2 mit erneuerbaren Energien zu Methan umgewandelt wird, ist das BEST-Verfahren ideal geeignet, um wesentlicher Bestandteil des Power-to- Gas-Energiespeicherkonzeptes zu werden. Und das weit über Deutschland hinaus. Die Möglichkeit der Speicherung sorgt auch bei längerfristigen Phasen von Windstille und fehlendem Sonnenschein, der sog. Dunkelflaute, für eine sichere Energieversorgung, auch ohne fossile Energieträger, wie z. B. Kohle.
Aus der Frühzeit der Erde in die Zukunft
Doch woher stammen die methanogenen Mikroorganismen? Tatsächlich gibt es sie seit rund 3,5 Milliarden Jahren auf der Erde, sie gehören somit zu den ältesten Lebensformen überhaupt. Sie gedeihen im anaeroben – also vollständig sauerstofffreien – Umfeld und fühlen sich bei einer Temperatur von 30 bis 40 Grad Celsius am wohlsten. Außerdem sind die Mikroben unempfindlich gegen mögliche Verunreinigungen wie Reste von Schwefelverbindungen oder Schwermetallen. Damit eignet sich die biologische Methanisierung, um die CO2-Emissionen von Industriebetrieben zu senken.
Das BEST-Verfahren ist außerdem skalierbar. Das heißt, es kann in großindustriellem Maßstab betrieben werden. Das macht es besonders interessant für alle Produktionsbetriebe, die viel Energie benötigen und in denen viel CO2 anfällt. Außerdem kann Biogas aus Biogasanlagen, das zu etwa 50 Prozent aus CO2 besteht, im BEST-Verfahren genutzt und zu Erdgasqualität aufgereinigt werden.
Antrieb der Zukunft
Darüber hinaus ist die Einsatzmöglichkeit von e-fuels immer stärker nachgefragt. Sie können das Emissionsproblem von Container- und Kreuzfahrtschiffen lösen. Nur so kann die Schifffahrt ihr Ziel erreichen, 2050 klimaneutral zu operieren. In Pkw und Lkw ersetzen sie Benzin und Diesel und ergänzen die batterieelektrischen Antriebe. Damit sinken auch die Stickstoffoxid-Emissionen. Insbesondere für lange Strecken, die durch batteriebetriebene Fahrzeuge nicht abgedeckt werden können.
Gleichzeitig hat der Einsatz des BESTVerfahrens einen politischen Effekt: Deutschland macht sich unabhängig von Erdgaslieferungen aus USA oder Russland und verfügt über eine einfache und günstige eigene Energieversorgung. Weiteres Plus: Reines synthetisches Gas ersetzt fossile Brennstoffe.
Professor Matthias Brunner von der htw saar ist 2012 mit dem Projekt gestartet und konnte das Verfahren bereits 2013 patentieren lassen. Jetzt geht er mit seinem Team in die nächste Phase. Ab Mai 2020 wird für ein Jahr eine erste halbtechnische Anlage bei der Karlsberg Brauerei installiert, um industrielle Erfahrungen zu sammeln. Danach beginnt bei den Stadtwerken Trier eine Testphase.
Der nächste Schritt wäre eine größere industrielle Anlage. Der Bedarf dafür ist groß: Energieintensive Industrien wie Stahl und Aluminium, Energieversorger, Stadtwerke – allein diese kurze Aufzählung verdeutlicht die Bedeutung dieses emissionsreduzierenden Verfahrens als Beitrag für den Klimaschutz.
Professor Brunner sieht im Saarland einen möglichen Standort für die erste großindustrielle BEST-Anlage. Dies würde gut zum Wasserstoff-Konzept der Landesregierung passen und eine echte Zukunftstechnologie ansiedeln, die ihren Siegeszug vom Saarland aus antreten könnte.